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Korrekte Messung des ösophagealen Drucks

Artikel

Autor: Jean-Michel Arnal, Senior Intensivist, Hopital Sainte Musse, Toulon, Frankreich

Datum: 19.10.2018

Last change: 09.09.2020

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Eine neue physiologische Studie zeigt auf, dass für den ösophagealen Druck der Pleuradruck in der Mitte des Brustkorbs bei allen PEEP-Werten geschätzt wird. Eine absolute Messung des ösophagealen Drucks ist für die Einstellung von PEEP und die Überwachung des transpulmonalen Drucks somit hilfreich.

Korrekte Messung des ösophagealen Drucks

Anfängliche Platzierung und Aufblasen

Wie wird also der ösophageale Druck korrekt gemessen?

Der ösophageale Ballon muss korrekt positioniert und aufgeblasen werden. Dann muss seine Platzierung überprüft werden.

Die optimale Platzierung für den ösophagealen Ballon ist im unteren Drittel der Speiseröhre in einem Abstand von 35 – 45 cm zu den Nasenlöchern. Der Patient wird in eine halbliegende Position gebracht und der leere Ballon wird zuerst in den Magen eingeführt, der sich ungefähr 50 – 60 cm unterhalb der Nasenlöcher befindet. Dann wird der Ballon auf das Standardvolumen aufgeblasen (1 ml bei einem Katheter von Cooper Surgical und 4 ml bei einem Katheter von Nutrivent). Der Magendruck weist eine positive Abweichung während der Inspiration bei passiven wie bei spontan atmenden Patienten auf. Die Positionierung im Magen wird überprüft, indem auf den Magen vorsichtig manueller Druck ausgeübt wird, was sich in einem sofortigen Anstieg des Magendrucks widerspiegelt (siehe Abbildung 1).

Screenshot mit Kurve, die einen Anstieg im Pes aufzeigt
Abbildung 1
Screenshot mit Kurve, die einen Anstieg im Pes aufzeigt
Abbildung 1

Zurückziehen des Katheters bei aufgeblasenem Ballon

Anschliessend wird bei aufgeblasenem Ballon der Ösophaguskatheter vorsichtig zurückgezogen, sodass der Ballon im unteren Drittel der Speiseröhre platziert wird. Während des Wechsels von Magendruck (siehe Abbildung 2) zu ösophagealem Druck (siehe Abbildung 3) verändert sich die Basisdruckkurve und kardiale Oszillationen werden angezeigt.

Kurve mit Magenbasisdruck
Abbildung 2: Magendruck
Kurve mit Magenbasisdruck
Abbildung 2: Magendruck
Kurve mit ösophagealem Basisdruck
Abbildung 3: Ösophagealer Druck
Kurve mit ösophagealem Basisdruck
Abbildung 3: Ösophagealer Druck

Auslenkungen im ösophagealen Druck

Die Auslenkungen im ösophagealen Druck sind während der Inspiration bei passiven Patienten positiv (siehe Abbildung 4), bei spontan atmenden Patienten jedoch negativ (siehe Abbildung 5). Wenn die kardialen Oszillationen das Signal für den ösophagealen Druck verzerren, kann der Katheter noch weitere 2 – 5 cm herausgezogen werden.
 

Kurve mit Pes-Auslenkungen bei einem passiven Patienten
Abbildung 4: Passiver Patient
Kurve mit Pes-Auslenkungen bei einem passiven Patienten
Abbildung 4: Passiver Patient
Kurve mit Pes-Auslenkungen bei einem spontan atmenden Patienten
Abbildung 5: Spontan atmender Patient
Kurve mit Pes-Auslenkungen bei einem spontan atmenden Patienten
Abbildung 5: Spontan atmender Patient

Aufblasen des Ballons

Das Luftvolumen für ein angemessenes Aufblasen des Ballons sollte individuell titriert werden. Dies ist nur bei passiven Patienten möglich. Gemäss der von Mojoli et al (2016) vorgeschlagenen Methode wird der Ballon bei Verwendung eines Katheters von Cooper Surgical schrittweise von 0,5 bis 3 ml aufgeblasen, und bei Einsatz eines Katheters von Nutrivent in 1-ml-Schritten von 1 bis 8 ml (siehe Abbildung 6). Während des progressiven Aufblasens des Ballons steigt der ösophageale Basisdruck an und die Stärke der Auslenkungen im ösophagealen Druck verändert sich. Als angemessenes Aufblasvolumen gilt jenes, das der stärksten Auslenkung im ösophagealen Druck entspricht. Zeigen zwei unterschiedliche Aufblasvolumina dieselbe Stärke bei der Auslenkung des ösophagealen Drucks an, wird das niedrigere Aufblasvolumen gewählt.

Kurve während des Aufblasens des Ballons
Abbildung 6: Aufblasen des Ballons mit einem Katheter von Nutrivent
Kurve während des Aufblasens des Ballons
Abbildung 6: Aufblasen des Ballons mit einem Katheter von Nutrivent

Überprüfung

Nachdem der Ballon korrekt in der Speiseröhre platziert und aufgeblasen wurde, wird seine Position mit einem Okklusionstest überprüft. Dazu werden im Prinzip die Atemwege am Ende der Exspiration verschlossen, um dann den Atemwegsdruck zu verändern und zu prüfen, ob sich der ösophageale Druck im selben Ausmass ändert.

Bei passiven Patienten kann eine endexspiratorische Okklusion durchgeführt werden. Führen Sie bei geschlossenem Exspirationsventil manuell eine externe Kompression des Brustkorbs auf beiden Seiten der Brust aus, um eine positive Auslenkung des Atemwegs- und ösophagealen Drucks zu erzeugen. Der Anstieg im Atemwegsdruck und im ösophagealen Druck sollte gleich hoch sein. Anders ausgedrückt: der transpulmonale Druck sollte sich nicht ändern (siehe Abbildung 7).

Bei aktiven Patienten verwendet der dynamische Okklusionstest ebenso eine endexspiratorische Okklusion. Hier ist es nicht nötig, auf den Brustkorb externen Druck auszuüben, da der Patient während der Okklusion eine spontane inspiratorische Bemühung unternehmen wird. Das Ergebnis ist eine negative Auslenkung im Atemwegs- und ösophagealen Druck. Das Abfallen des Atemwegsdrucks und des ösophagealen Drucks sollte gleich stark ausgeprägt sein. Der transpulmonale Druck sollte sich also nicht ändern (siehe Abbildung 8).

Wenn der ösophageale Druck kontinuierlich gemessen werden soll, ist es wichtig, die korrekte Position und das Aufblasvolumen erneut zu überprüfen.

Den vollständigen Quellenverweis finden Sie unten: (Yoshida T, Amato MBP, Grieco DL, et al. Esophageal Manometry and Regional Transpulmonary Pressure in Lung Injury. Am J Respir Crit Care Med. 2018;197(8):1018-1026. doi:10.1164/rccm.201709-1806OC1​, Mojoli F, Iotti GA, Torriglia F, et al. In vivo calibration of esophageal pressure in the mechanically ventilated patient makes measurements reliable. Crit Care. 2016;20:98. Published 2016 Apr 11. doi:10.1186/s13054-016-1278-52​, Baydur A, Behrakis PK, Zin WA, Jaeger M, Milic-Emili J. A simple method for assessing the validity of the esophageal balloon technique. Am Rev Respir Dis. 1982;126(5):788-791. doi:10.1164/arrd.1982.126.5.7883​, Akoumianaki E, Maggiore SM, Valenza F, et al. The application of esophageal pressure measurement in patients with respiratory failure. Am J Respir Crit Care Med. 2014;189(5):520-531. doi:10.1164/rccm.201312-2193CI4​, Mauri T, Yoshida T, Bellani G, et al. Esophageal and transpulmonary pressure in the clinical setting: meaning, usefulness and perspectives. Intensive Care Med. 2016;42(9):1360-1373. doi:10.1007/s00134-016-4400-x5​)

Kurve mit einem Anstieg von Paw und Pes; keine Veränderung bei Ptranspulm
Abbildung 7: Okklusionstest bei einem passiven Patienten
Kurve mit einem Anstieg von Paw und Pes; keine Veränderung bei Ptranspulm
Abbildung 7: Okklusionstest bei einem passiven Patienten
Kurve mit einer Abnahme von Paw und Pes; keine Veränderung bei Ptranspulm
Abbildung 8: Okklusionstest bei einem aktiven Patienten
Kurve mit einer Abnahme von Paw und Pes; keine Veränderung bei Ptranspulm
Abbildung 8: Okklusionstest bei einem aktiven Patienten
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13 Expertentipps. Messung des ösophagealen Drucks

Bewährte Empfehlungen aus der klinischen Praxis, wie Sie bei der Verwendung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten vorgehen und was Sie vermeiden sollten.

Esophageal Manometry and Regional Transpulmonary Pressure in Lung Injury.

Yoshida T, Amato MBP, Grieco DL, et al. Esophageal Manometry and Regional Transpulmonary Pressure in Lung Injury. Am J Respir Crit Care Med. 2018;197(8):1018-1026. doi:10.1164/rccm.201709-1806OC



RATIONALE

Esophageal manometry is the clinically available method to estimate pleural pressure, thus enabling calculation of transpulmonary pressure (Pl). However, many concerns make it uncertain in which lung region esophageal manometry reflects local Pl.

OBJECTIVES

To determine the accuracy of esophageal pressure (Pes) and in which regions esophageal manometry reflects pleural pressure (Ppl) and Pl; to assess whether lung stress in nondependent regions can be estimated at end-inspiration from Pl.

METHODS

In lung-injured pigs (n = 6) and human cadavers (n = 3), Pes was measured across a range of positive end-expiratory pressure, together with directly measured Ppl in nondependent and dependent pleural regions. All measurements were obtained with minimal nonstressed volumes in the pleural sensors and esophageal balloons. Expiratory and inspiratory Pl was calculated by subtracting local Ppl or Pes from airway pressure; inspiratory Pl was also estimated by subtracting Ppl (calculated from chest wall and respiratory system elastance) from the airway plateau pressure.

MEASUREMENTS AND MAIN RESULTS

In pigs and human cadavers, expiratory and inspiratory Pl using Pes closely reflected values in dependent to middle lung (adjacent to the esophagus). Inspiratory Pl estimated from elastance ratio reflected the directly measured nondependent values.

CONCLUSIONS

These data support the use of esophageal manometry in acute respiratory distress syndrome. Assuming correct calibration, expiratory Pl derived from Pes reflects Pl in dependent to middle lung, where atelectasis usually predominates; inspiratory Pl estimated from elastance ratio may indicate the highest level of lung stress in nondependent "baby" lung, where it is vulnerable to ventilator-induced lung injury.

In vivo calibration of esophageal pressure in the mechanically ventilated patient makes measurements reliable.

Mojoli F, Iotti GA, Torriglia F, et al. In vivo calibration of esophageal pressure in the mechanically ventilated patient makes measurements reliable. Crit Care. 2016;20:98. Published 2016 Apr 11. doi:10.1186/s13054-016-1278-5

In screening programmes it is important to assess a preliminary effectiveness of the screening method as soon as possible in order to forecast survival figures. In March 1981 a controlled single-view mammographic screening trial for breast cancer was started in the south of Stockholm. The population invited for screening mammography consisted of 40,000 women aged 40-64 years, and 20,000 women served as a well-defined control group. The main aim of the trial was to determine whether repeated mammographic screening could reduce the mortality in the study population (SP) compared to the control population (CP). The cumulative number of advanced mammary carcinomas in the screening and the control populations from the first five years of screening have shown a tendency towards more favourable stages in the screened population aged 40-64 years. A breakdown by age suggests an effect in age group 50-59 years, but not yet in age groups 40-49 and 60-64 years. When comparing the rates of stage II+ cancer, an increased number is found in the study group. As the total rate of breast cancer is higher in SP than in CP, there ought to be a concealed group of stage II+ cancers in the CP which makes the comparison biased. A new approach has been designed, where an estimation of the 'hidden' number of stage II+ cancers in CP is added to the clinically detected cases, and in this respect a comparison has shown a decrease in the cumulative number of advanced cancers in the SP in relation to the CP (p less than 0.05).(ABSTRACT TRUNCATED AT 250 WORDS)

A simple method for assessing the validity of the esophageal balloon technique.

Baydur A, Behrakis PK, Zin WA, Jaeger M, Milic-Emili J. A simple method for assessing the validity of the esophageal balloon technique. Am Rev Respir Dis. 1982;126(5):788-791. doi:10.1164/arrd.1982.126.5.788

The validity of the conventional esophageal balloon technique as a measure of pleural pressure was tested in 10 subjects in sitting, supine, and lateral positions by occluding the airways at end-expiration and measuring the ratio of changes in esophageal (delta Pes) and mouth pressure (delta Pm) during the ensuing spontaneous occluded inspiratory efforts. Similar measurements were also made during static Mueller maneuvers. In both tests, delta Pes/delta Pm values were close to unity in sitting and lateral positions, whereas in the supine position, substantial deviations from unity were found in some instances. However, by repositioning the balloon to different levels in the esophagus, even in these instances a locus could be found where the delta Pes/delta Pm ratio was close to unity. No appreciable phase difference between delta Pes and delta Pm was found. We conclude that by positioning the balloon according to the "occlusion test" procedure, valid measurements of pleural pressure can be obtained in all the tested body positions.

The application of esophageal pressure measurement in patients with respiratory failure.

Akoumianaki E, Maggiore SM, Valenza F, et al. The application of esophageal pressure measurement in patients with respiratory failure. Am J Respir Crit Care Med. 2014;189(5):520-531. doi:10.1164/rccm.201312-2193CI

This report summarizes current physiological and technical knowledge on esophageal pressure (Pes) measurements in patients receiving mechanical ventilation. The respiratory changes in Pes are representative of changes in pleural pressure. The difference between airway pressure (Paw) and Pes is a valid estimate of transpulmonary pressure. Pes helps determine what fraction of Paw is applied to overcome lung and chest wall elastance. Pes is usually measured via a catheter with an air-filled thin-walled latex balloon inserted nasally or orally. To validate Pes measurement, a dynamic occlusion test measures the ratio of change in Pes to change in Paw during inspiratory efforts against a closed airway. A ratio close to unity indicates that the system provides a valid measurement. Provided transpulmonary pressure is the lung-distending pressure, and that chest wall elastance may vary among individuals, a physiologically based ventilator strategy should take the transpulmonary pressure into account. For monitoring purposes, clinicians rely mostly on Paw and flow waveforms. However, these measurements may mask profound patient-ventilator asynchrony and do not allow respiratory muscle effort assessment. Pes also permits the measurement of transmural vascular pressures during both passive and active breathing. Pes measurements have enhanced our understanding of the pathophysiology of acute lung injury, patient-ventilator interaction, and weaning failure. The use of Pes for positive end-expiratory pressure titration may help improve oxygenation and compliance. Pes measurements make it feasible to individualize the level of muscle effort during mechanical ventilation and weaning. The time is now right to apply the knowledge obtained with Pes to improve the management of critically ill and ventilator-dependent patients.

Esophageal and transpulmonary pressure in the clinical setting: meaning, usefulness and perspectives.

Mauri T, Yoshida T, Bellani G, et al. Esophageal and transpulmonary pressure in the clinical setting: meaning, usefulness and perspectives. Intensive Care Med. 2016;42(9):1360-1373. doi:10.1007/s00134-016-4400-x



PURPOSE

Esophageal pressure (Pes) is a minimally invasive advanced respiratory monitoring method with the potential to guide management of ventilation support and enhance specific diagnoses in acute respiratory failure patients. To date, the use of Pes in the clinical setting is limited, and it is often seen as a research tool only.

METHODS

This is a review of the relevant technical, physiological and clinical details that support the clinical utility of Pes.

RESULTS

After appropriately positioning of the esophageal balloon, Pes monitoring allows titration of controlled and assisted mechanical ventilation to achieve personalized protective settings and the desired level of patient effort from the acute phase through to weaning. Moreover, Pes monitoring permits accurate measurement of transmural vascular pressure and intrinsic positive end-expiratory pressure and facilitates detection of patient-ventilator asynchrony, thereby supporting specific diagnoses and interventions. Finally, some Pes-derived measures may also be obtained by monitoring electrical activity of the diaphragm.

CONCLUSIONS

Pes monitoring provides unique bedside measures for a better understanding of the pathophysiology of acute respiratory failure patients. Including Pes monitoring in the intensivist's clinical armamentarium may enhance treatment to improve clinical outcomes.